jeden Monat berichte ich davon, was auf den Brodowiner Feldern passiert, welche neuen Produkte wir entwickeln und welche Veranstaltungen geplant sind. Sie erfahren das Neueste aus Kuh-, Ziegen- und Hühnerstall, erhalten Einblick in Acker- und Gemüsebau und sind die Ersten, die wissen, ob im Hofladen, Klostercafé oder beim Lieferservice etwas Spannendes passiert ist.

Über keinen dieser Punkte könnte ich berichten, wäre da nicht das jahrelange Engagement des Ehepaares Gisela und Dr. Werner Upmeier gewesen.

Ich möchte diesen Monatsbrief dafür nutzen, meinen Dank und meine große Anerkennung zum Ausdruck zu bringen – und damit an Gisela Upmeier zu erinnern, die am 13. Februar 2019 im Alter von 78 Jahren verstorben ist.

Nach dem Mauerfall und der darauffolgenden Wiedervereinigung keimte in Gisela und Werner Upmeier der Wunsch auf, einen Beitrag zur positiven Entwicklung der neuen Bundesländer zu leisten. Berlin bezeichneten sie als ihr Zuhause, die Möglichkeit endlich auch nach Ostberlin und das Brandenburgische Umland reisen zu können, als „tiefgreifendes und beglückendes Ereignis“. Ihre Zuneigung zur Landwirtschaft brachte sie nach Brodowin, wo sie am 26. April 1991 erstmalig auf die zahlreichen engagierten Brodowiner trafen, mit denen sie nur wenige Zeit später, am 5. Juli 1991, die Agrargenossenschaft Ökodorf Brodowin e.G. und kurz darauf, am 23. Juli 1991, die noch heute existierende Firma „Ökodorf Brodowin Landwirtschafts GmbH & Co. KG“ gründeten. Die Unzufriedenheit über die jahrelange Naturzerstörung durch die großflächige und intensive Landwirtschaft der ehemaligen LPG und der Wunsch nach einer wirtschaftlichen Zukunft für die Landwirte und ihre Familien einte Upmeiers und die Brodowiner und gab ihnen ein gemeinsames Ziel.
Vor ihnen lagen zahlreiche wirtschaftliche Herausforderungen und eine schwierige Neuordnung der bestehenden Strukturen – doch der Glaube an die Chancen dieses einzigartigen Ortes mit seiner wunderschönen Landschaft und den vielen leidenschaftlich für Ihre Zukunft kämpfenden Bürgern überzeugte Upmeiers davon, sich an diesem Ort zu engagieren.
Es war nach Aussage von Gisela Upmeier auch die Entscheidung für die bio-dynamische Landwirtschaft nach Demeter-Richtlinien, die den Ausschlag gab, sich in Brodowin zu engagieren. Die Aussagen Rudolf Steiners zu Medizin, Pädagogik und natürlich zur Landwirtschaft überzeugten sie. Und auch wenn Brodowin mit seinen 1250 Hektar Fläche mit keinem bisher existierenden Demeter-Hof zu vergleichen war, trauten sie sich an die drei Jahre dauernde Umstellung von konventioneller Landwirtschaft hin zum Öko-Landbau.
Sie hatten auf diesem Weg natürlich zahlreiche Wegbegleiter, Unterstützer, Berater und Mitstreiter. Doch die Verantwortung für die Mitarbeiter und vor allem die finanziellen Belastungen trugen sie größtenteils allein. Das Risiko und die Sorge zu scheitern, blieben viele Jahre existent.
1993 konnte in einem ersten Schritt die an die Dorfstraße grenzende Milchkammer als Hofladen eingerichtet werden – die Produkte vom Feld und aus der Meierei wurden einem kleinen aber langsam wachsenden Kundenkreis angeboten.
Der Großteil der Interessenten lebte jedoch in Berlin, ca. 70km entfernt und zu weit weg, um den Hofladen als regelmäßige Einkaufsstätte zu besuchen. Ein Lieferdienst musste her – der „Brodowiner Ökokorb“ war geboren.

Hier zeigte Gisela Upmeier erneut wahren Tatendrang und Kreativität. Um für die nötige Werbung zu sorgen und potentielle Kunden zu erreichen, stellte sie sich viele Monate lang immer wieder selbst vor Schulen und Kindergärten, im Gepäck viele bunt gefüllte Kisten mit Obst, Gemüse und Milchprodukten aus Brodowin für interessierte Eltern zum Ausprobieren. Es war der Grundstein für unseren heutigen Lieferservice mit über 2.000 zufriedenen Kunden pro Woche in und um Berlin.

Ganz persönlich danken meine Frau und ich Upmeiers sehr herzlich für das in uns gesetzte Vertrauen, als wir 2006 das Unternehmen „Ökodorf Brodowin“ aus ihren Händen übernehmen durften. Das Ehepaar Upmeier war uns seither immer ein wertvoller Ratgeber und wir sind sehr dankbar dafür, Herrn Dr. Upmeier weiter an unserer Seite zu wissen.

Zusammen mit Upmeiers haben wir vor wenigen Jahren die „Ökodorf Brodowin Gisela und Werner Upmeier Stiftung - Stiftung für Naturschutz, Umwelt und Soziales“ gegründet. Regelmäßig unterstützen wir in unserem Umfeld sowohl soziale und gemeinnützige Projekte sowie Projekte für den Naturschutz. Wie für Upmeiers ist dieses auch für meine Frau und mich eine Herzensangelegenheit.

Es ließe sich noch vieles über das Ehepaar Upmeier im Allgemeinen und Gisela Upmeier im Besonderen sagen. Die große Verbundenheit Frau Upmeiers mit Brodowin zeigt sich auch daran, dass es ihr Wunsch war, in Brodowin ihre letzte Ruhe zu finden. Bei der Trauerfeier am vergangen Freitag, dem 22. Februar 2019, erwiesen ihr zuerst in Berlin und später in unserer Kirche in Brodowin zahlreiche Weggefährten die letzte Ehre und erinnerten sich gemeinsam an ihr wirkungsreiches Leben und ihren großen Beitrag zur Gründung des größten Demeter-Hofs Deutschlands: das „Ökodorf Brodowin“.

Ich grüße Sie von Herzen, bleiben Sie uns gewogen.

Ihr Ludolf von Maltzan